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20. August 2013 2 20 /08 /August /2013 22:12

Paul hatte inzwischen das Lesen entdeckt. Perry Rhodan und andere SIFI Heftchen wurden sofort verschlungen. Schundromane, wurden sie genannt, aber dazu ein andermal. Ihm waren beim Durchblättern der diversen Werbeanzeigen, die sich dort befanden, viele interessante Dinge aufgefallen, die man sich bestellen konnte. Unter anderem bot jemand an dem Entrichter von 250 Schilling, das Pauls gesamtes monatliches Taschengeld darstellte, einen Reporterausweis zu zuschicken. Er war begeistert. Hieß es auch einen Monat darben, so klang es doch verlockend „Reporter“ so wie Tim von Tim und Struppi. Die Welt würde ihm zu Füßen liegen, insbesondere die Frauen. Er würde Abenteuer erleben, man würde Straßen nach ihm benennen.  Er benutzte den beigelegten Coupon zum Bestellen. Es dauerte die Unendlichkeit von zwei Wochen, bis die Post mit dem Paket kam. Um sein Taschengeld erleichtert, öffnete Paul den Umschlag und heraus fiel ein kleiner gelber in Folie eingeschweißter Ausweis, auf dem sein Name stand und dass er nun Reporter sei und dass man ihm überall hin Zutritt gewähren muss. Das stand in Latein auf der Rückseite. Negativ fiel ihm gleich auf, dass der Ausweis nach einem Jahr ablaufen würde.  Also musste er sich beeilen um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Carpe Diem, so hatte man es versucht ihm in der Schule beizubringen. Er war jetzt dran, er musste nun aktiv werden und reportieren oder wie auch immer das hieß. Am Freitagabend war ein Konzert in der örtlichen Gemeindehalle. Er und sein Ausweis hatten sich auf den Weg gemacht um in den Backstage Bereich vorzudringen und um dort so Sachen zu machen. Welche Sachen genau wusste er noch nicht, aber er war guter Hoffnung, dass sich das wohl schon noch ergeben würde. Dort angekommen versperrte ihm auch schon ein Hirni von Türsteher den Weg. Auch nachdem er aufs Heftigste mit dem Ausweis rumgewedelt und den Knilch auf den lateinischen Appendix hingewiesen hatte, wurde er nicht eingelassen. Paul schäumte vor Wut. Wieso konnte der Idiot eigentlich nicht verstehen, dass er ihn eizulassen hatte. Er war doch nun ein Reporter oder so. Nachdem sich der Türsteher von seinem Lachanfall erholt hatte, schickte er Paul zum Teufel, respektive er verwies ihn des Platzes, indem er ihn am Kragen packte und rausbeförderte. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass es sich bei den nächsten zehn Konzerten, gleich verhielt.

Paul war außer sich. Dieser Ausweis war nicht das Papier wert, auf den er  gedruckt worden war. Dieses Reporterdingsi konnte er abhaken. Also keine Ruhmeshallen. Blieb noch die Sache mit den Frauen und dem Abenteuer.

Er hatte sich mit Lisi zum Kaffee verabredet. Im Café fiel ihm dann als er zahlen wollte, zufällig der Ausweis auf den Tisch. Er hatte gehofft, Lisi würde ihn danach fragen. Nichts. Sie hatte nicht mal hingeschaut. Ebenso verhielt es sich mit Sabine, Inge, Edith, Doris, Claudia, Michi, Barbara, die er liebevoll Rhabarba nannte und vielen mehr. Auch erfundene Berichte, die er zuvor der Bravo entnommen hatte, interessierten keinen. Also, stellte Paul fest, das mit den ihm zu Füßen liegenden Frauen, war auch nur wieder ein Griff ins Klo.

Er stellte sich nun einfach nur hin und wartete auf Abenteuer, nichtsahnend, dass an diesem Abend das einzig Teure nur sein Ausweis gewesen war. Hätte er sich lieber die in der Nebenanzeige angebotene Muskelcreme gekauft, dann wäre wenigstens das mit den Frauen etwas geworden.

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