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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:18

Paul war überglücklich. Seit Wochen hatte es keine mehr gesetzt, auch war er nicht angebrüllt worden. Zudem waren Ferien. Das Leben bei seiner Oma war herrlich. So sollte es auch bleiben dachte sich der kleine Narr und vergrub seinen Pass, den er zuvor in eine Plastiktüte verpackt hatte, im Garten.  Spontan berichtete er auch von seiner tat der Großmutter, um sie davon zu überzeugen, dass es gar keinen Sinn mehr machen würde den Rückflug zu reservieren, da man ihn ohne Pass gar nicht mehr einreisen lassen würde. Er meinte nur kurz: “Ich bleibe da.“ Seine Großmutter wusste nicht genau was sie tun sollte. Einsteils hätte es ihr gefallen wieder etwas Leben in die alten Wände ihres Hauses zu bekommen, andererseits war sie ja nicht der Erziehungsberechtigte. Und wie würde der wohl reagieren. Also wandte sie sich Paul zu und erklärte ihm, dass diese Entscheidung nicht bei ihr liegen würde. Der erwiderte nur: “ Ich gehe nicht mehr zurück!“ So sah sich die Großmutter genötigt den Pascha an die Strippe zu bekommen. Paul zitterte schon ob der Antwort und überlegte bereits wie er den vermaledeiten Pass nun entgültig loswerden konnte. Das Telefonat war kurz. Der Großmutter standen die Tränen in den Augen. Paul wollte schon in den Garten laufen um seine Tat zuende bringen zu können, als ihn die Großmutter liebevoll in die Arme nahm, ihm zuzwinkerte und ihrer Fassungslosigkeit Luft machte: “Er hat  “JA“ gesagt. Er hat ohne zu zögern einfach “JA“ gesagt.“ Paul lachte. Paul lachte so herzhaft, dass ihm die Tränen über das Gesicht liefen. Er war jetzt frei. Er drückte seine Großmutter um danach in den oberen Stock zu sausen und Ingrid zu berichten. Ingrid war das Nachbarsmädchen, dass gleich alt war wie er. Sie spielten zusammen den ganzen Tag im riesigen Garten des Anwesens. Ingrid freute sich auch. Ihre Eltern weniger. Der Sommer dreiundsiebzig war lag und schön. Obwohl permanent  durch die Argus Augen ihrer Eltern überwacht. Paul war das egal. Er lag in der Wiese, ein Gänseblümchen zwischen den Zähnen, die Augustsonne schien ihm auf den Bauch, er starrte in den kitschig blauen Himmel, wurde von Ingrid umsorgt und Mittags gab es dann immer seine Lieblingsspeisen, die er dann ohne Futterneid zu sich nehmen konnte. Kein Teilen angesagt. Außer mit der Großmutter. Paul wünschte sich, der Sommer würde niemals enden. Die Flower Power Zeit war im vollen Gange. Er vermisste lediglich Navid. Und natürlich Bettina. Ob sie es überhaupt bemerken würde, dass er im Herbst dort nicht mehr zur Schule ging? Ob Navid ihr ab jetzt den Hof machen würde. Es machte ihn verrückt. Er dachte schon daran seinen Pass auszugraben und wieder zurück zu gehen. Wegen Navid natürlich. Jungs müssen zusammen halten. Nein, ganz sicher nicht wegen Bettina. Ach, Bettina.  Er war im Begriff diese Dummheit zu tätigen, als er  im Gedanken versunken ein sehr schönes Wasserglas zerbrach, indem er es unabsichtlich gegen den Wasserhahn donnerte. Er wurde als gleich kreidebleich und suchte das Weite.  Er suchte der Ohrfeige zu entkommen die ihn erwartete.  Kurze Zeit später wurde er von der Großmutter gerufen. Ängstlich aber doch folgsam wie er war schlich er wie ein geschlagener Hund zurück in Richtung Großmutter. Wie perplex musste sein Gesichtsausdruck gewesen sein, als diese ihn nicht anbrüllte oder mit der Hand ausholte, sonder nur besorgt fragte, ob er sich auch nicht verletzt hätte. Paul heulte. Er konnte es nicht glauben. Und niemand der ihm jetzt eine aufs Maul klatschte damit er wusste, warum er flennte. Wie gesagt es war ein herrlicher Sommer. Einmal dachte er kurz an den Pascha, seiner Frau und den Prinzen. Es drängte sich ihm unweigerlich die Frage auf, wer wohl wen weniger vermissen würde.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:17

Keiner ahnte, dass sich damit die Achse des Bösen drastisch verkürzt hatte und die vor Jahren getrennten Zwillinge sich langsam näher kamen. Noch aber plagten Littleman ganz andere Sorgen. Bei einer Familie mit vier Kindern trat zwangsläufig ein menschlicher Urinstinkt zu Tage, der Selbsterhaltungstrieb und das daraus resultierende Recht des Stärkeren. Jeden Tag um die Mittagszeit verwandelten sie sich in eine Horde Urzeitmenschen, die – obwohl es immer genug zu Essen gab – keulenschwingend um die besten Leckerbissen kämpften. Mit Argusaugen beobachteten sie sich gegenseitig, wer was und wieviel auf den Teller aufhäufte. Nur bei einem Gericht verlief die tägliche Raubtierfütterung harmonischer ab, Marillenknödel. Während die einen nur die Marillen verzehrten, machten sich die Obstverachter über deren Ummantelung her. Eines Tages im Urlaub zeigte dieser ständige Fressneid Wirkung. Littleman war mit 1000 Lire ausgerüstet auf dem Weg zum wöchentlich stattfindenden Markt, als er plötzlich die Lösung für sein Problem entdeckte. Statt wie sonst üblich das Geld für einen der zahlreich vorhandenen Sinnlosartikel hinauszuwerfen, beschloss er es diesmal nutzbringend zu investieren. Angesichts des ersten Fertigproduktes zu Essen drückte er sich an der Scheibe des kleinen Lebensmittelgeschäfts im Ort die Nase platt. Ihm war sofort die epochale Bedeutung dieser Begegnung bewusst, den von heute an würde er, zumindest was das Essen betrifft, zum Selbstversorger aufsteigen. Beflügelt durch das Gefühl mit niemanden das Essen teilen zu müssen, betrat er das Geschäft und griff zielstrebig nach einer 500gr Portion Gnocchi- vakuumverpackt. „Mein Mittagessen“, strahlte er und lief ungeduldig zum Campingplatz zurück. Seine Geschwister betrachteten erst verwundert seinen Kauf, um dann sogleich eine Kostprobe zur verlangen. Littleman war sich seiner Machtposition bewusst, schließlich war er stolzer Besitzer einer italienischen Spezialität. Er lehnte deren Ansinnen mit den Worten „Keiner bekommt etwas, die esse ich ganz alleine auf“ barsch ab. Dann wandte er sich der Anleitung zur Zubereitung zu. Seine Erfahrung bezüglich Portionsmengen für eine Person war äußerst dürftig und der optische Eindruck der unter Luftentzug komprimiert verpackten Kartoffelteigwaren tat ein Übriges. Zumeist werden Gnocchi mit einer Tomatensauce und etwas Parmesan serviert, da er weder das eine noch das andere ausstehen konnte, beschloss er sie einfach mit zerlassener Butter zu verspeisen. Das bereits gesalzene Wasser kochte inzwischen und Littleman gab den Packungsinhalt in den Topf und wurde Zeuge einer wunderbaren Vermehrung. Die eben noch relativ schlanken Gnocchi gewannen unglaublich schnell an Größe und machten schon Anstalten das Behältnis zu verlassen. Auf der zweiten Flamme nahm die Butter eine schöne braune Farbe an und Littleman stellte sie zur Seite. Nach etwa 10 Minuten konnte er die Teigware abseihen und beim Anblick dieses Mount Everests aus Kartoffelteig musste er kurz schlucken. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Die ganze Familie saß bereits am Tisch und beobachtete ihn wie er sich abmühte, den aufgetürmten Berg in einem Stück zu seinem Essplatz zu transportieren. Aus den Augenwinkeln glaubte er zynisches Grinsen seiner Brüder zu erkennen.  Nun saß er vor dem Riesenhaufen und übergoss in mit der Butter und begann mit zu essen. Ein Stück nach dem anderen verschwand in seinem Mund, es lief gut, denn er war sehr hungrig. Nach ca. 5 Minuten waren Littlemans Kaubewegungen mehr als unrhythmisch, er blickte sorgenvoll in einen See aus braunem Fett, in dem die Gnocchi langsam zu ertrinken schienen. Was nun zwischen den Brüdern und ihm folgte, war psychologische Kriegsführung vom Feinsten. „Und, schmeckt’s?“, wortloses Kopfnicken, „noch nicht satt?“, wortloses Kopfschütteln, er hatte Angst die Nockerln könnte ihm aus dem Mund fallen. Littleman konnte aber gar nicht aufhören, diese Blöße wollte er sich nicht geben, vor allem da er wusste, was ihm bei Aufgabe erwarten würde, der weise Spruch „Waren die Augen wieder einmal größer wie der Hunger“. Als er schließlich den letzten Bissen in den Mund geschoben hatte stand er wortlos auf, spazierte schnurstracks zum vor dem Campingplatz befindlichen Park, um dort, wie er glaubte, in Friede sterben zu können. Er kaute noch, als er sich in der Wiese zur vermeindlich „letzten Ruhe“ niedergelegt hatte. Dort wandelte Littleman den angeblichen Spruch von König Pyrrhus von Epirus nach seinem Sieg über die Römer ab und flüsterte matt, „noch so ein Sieg und ich bin verloren“.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:16

Es war der Sommer 73 und Faul musste, weil alle anderen auch dort waren, auf dem Land Urlaub machen. Der Pascha hatte sein Reich erweitert und ein erhebliches Stückchen Land erworben. Pampa pur. Mit bunten Hippiehemden und gebatikten Stirnbändern, bewaffnet mit den wohl weitesten Glockenjeans und Sandalen, hatten sich alle Familienmitglieder eingefunden. So an die fünfundzwanzig Alt- und Junghippies. Inmitten derer Faul. Gemeinsam mussten alle Kinder in der äußersten östlichen Ecke des Grundstückes eine Fallgrube ausheben, für eine Toilette. Später zimmerten  sie aus Baumästen, Bambus und Schilf ein Häuschen darüber. Dann wurde noch eine Art Herd benötigt. Sie bauten aus Hohlziegel einen Tisch. Oben drauf zementierten sie dann eine Platte mit seitlichen  Erhöhungen. Ein Eisengitter darüber und fertig war der Herd. Ebenso fertig wie Faul. Als nächstes wurden viele kleine Zelte um ein Großes aufgebaut. Das Ganze war aufgebaut wie eine kleine Stadt.  Das Hauptzelt leuchtete in grelloranger Farbe. Siebziger Jahre orange.  Der Chef hatte es neu erstanden. In so einem Öko Kommunenladen. Es war aus Leinen, orange und hatte kein separates Überzelt.  Das Hauptzelt war  nicht nur sehr groß, es war auch Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Sozusagen der überdachte Dorfplatz. Dort wurde getanzt, gegessen und so weiter. Faul hatte immer etwas Angst. Zuviel Ungeziefer. Riesige Spinnen, Ratten, Mäuse junge Alligatoren, Schlangen und vieles mehr. Das Terrain lag zwischen einem Reisfeld und dem Sumpf der sich zwischen ihnen und dem Meer erstreckte. Faul war gefangen. Er konnte in keine Richtung gehen ohne nicht etwas Gefährlichem zu begegnen, wie zum Beispiel Ameisen. Als  nach ein paar Tagen der Morgenhimmel wolkenbehangen die Hippies dazu einlud einen größeren Stadtbummel zu machen, zogen sie alle los. Na ja, beinahe alle. Faul und sein Cousin mussten, ob dem Platzmangel im Gefährt,  zurück bleiben. Zehn Minuten später fing es auch schon an zu schütten. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und verwöhnte Faul mit einer satten Ladung Wasser. Der zog sich darauf hin in eines der kleineren Zelte zurück um sich umzuziehen, dabei fiel ihm auf, dass er ein wenig müde war. Also legte er sich für ein kleines Schläfchen hin. Faul wachte auf weil jemand ihn bei den Ohren aus dem Zelt zog. Es war der inzwischen scheinbar zurück gekehrte Patriarch. Dieser schleppte Faul in das große Zelt, wo er eine gedonnert bekam, weil er, so der Pascha, Fanta verschüttet hätte. Und zwar jede Menge. Und das in alle Ecken des neuen Zeltes. Als Faul verneinte und beteuerte, dass er damit nichts zu Schaffen hätte, wurde er fürs vermeintliche Lügen belohnt. Vom Pascha. Daraufhin musste er sich ohne Abendessen in das kleine Zelt zurückziehen. Der Pascha hatte ihm vorgeworfen alle Fanta Flaschen im Versammlungszelt in die Ecken geschüttet zu haben.  Erstens war er das nicht gewesen, und zweitens hatten sie doch überhaupt gar kein Fanta gekauft, denn der Pascha war ja dagegen gewesen Limonade für die Kinder zu kaufen.  Das musste wohl auch irgendwann dem Patriarch gedämmert sein. Er stellte fest, dass bei dem Gewitter wohl das Zelt orange abgefärbt und das Wasser eingelassen hätte. Da sich dieser aber keine Blöße geben wollte, gab es keinerlei Entschuldigungen in Richtung Fauls. Der wiederum wollte unbedingt eine Entschuldigung aus dem Munde des Herrschers erfahren. Der Herrscher indes griff auf eine List zurück. Er kaufte ein Flugticket nach Österreich und schickte Faul zu seiner Großmutter, in der Hoffnung, er hätte die Ganze Sache vergessen bis er wieder käme. Als Faul das Flugzeug verließ, den Fuß auf den Wiener Flughafen setzte und seine Oma sah, beschloss er zwei Dinge. Erstens er würde nie wieder zurück gehen, und zweitens so zu heißen wie es in seinem Pass stand. Ab heute war er  “Paul“.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:15

Es hatte den Anschein, dass beim  Alpengnom das Wohnen im 4. Stock zu einer verminderten Sauerstoffversorgung des Gehirns führte. Im gesamten Stiegenhaus verewigte er sich in Sgrafittotechnik an den mit gelbgetönter Leimfarbe gestrichenen Wänden. Hätte Littleman über etwas mehr Verstand verfügt, wäre die Urheberschaft nie ans Tageslicht gekommen. Schließlich wohnte noch eine Familie mit zwei Kindern im Haus, die für diese Sachbeschädigung verantwortlich gemacht werden hätten können. Doch statt unverfängliche Strichmännchen einzugravieren, entschied er sich zuerst seinen Familiennamen und, als wäre das nicht schön genug der Idiotie, später noch seinen Vornamen dafür zu verwenden. Eigenartigerweise störte sich nicht der Hausherr an den von unten bis oben verzierten Stiegenhauswänden, sondern der Adoptivvater des Verursachers und tat seinen Unmut mit seiner Vorstellung von „Streicheleinheiten“ kund. Der kleine Künstler konnte diese Erziehungsmaßnahme überhaupt nicht verstehen, schließlich profitierte der Erzieher kurz darauf vom künstlerischen Tatendrang. Denn nachdem kaum mehr ein freier Platz verfügbar war, wandte sich der Eigentümer an seinen Vater. Dieser verdiente nämlich sein Geld mit dem Errichten von Wohnhäusern. Zu dessen Firma gehörte auch ein Malereibetrieb der nun beauftragt wurde, das gesamte Stiegenhaus zu tünchen. Der kleine Künstler sah allerdings nie einen Groschen von der Auftragssumme. Kaum waren die Wände fertig gemalt, überkam ihn das unwiderstehliche Verlangen abermals etwas für die Kunst zu tun, doch leider teilte Adoptivvati auch diesmal nicht sein Motto „L’art pour l’art“. Der Hauptgrund für die darauffolgende Ohrfeige hatte aber sicher mehr damit zu tun, dass sein Vater über die Dummheit abermals den Vor- und Zunamen die Wand zu ritzen, tief getroffen war. Littleman zog im Stillen seine Lehren daraus und es dauerte nicht all zu lange, seine neueste Errungenschaft am lebenden Objekt anzuwenden. Der Frühling hielt gerade Einzug und die Bewohner im Stadtteil ließen nach der kalten Jahreszeit freudig die laue Luft durch die geöffneten Fenster einströmen. Von den allgemein umgreifenden Frühlingsgefühlen blieben die Kinder unberührt. Zusammen mit einem seiner Brüder und dem Schulfreund aus dem Nebenhaus machte er sich auf den Weg, um - zumindest den Menschen in den erdgeschoßigen Wohnungen -  einen Frühjahrsgruß zu übersenden. Vom vergangenen Fasching war noch eine größere Anzahl an Stinkbomben übrig geblieben und alle waren sich einig, dass diese nun zum Einsatz kommen sollten. Aus Sicherheitsgründen, die Flüssigkeit war in kleinen Glasphiolen verschlossen, organisierte Littleman eine Zange. So ausgerüstet spazierten sie durch die Straßen und wenn sie ein geöffnetes Fenster erblickten brachen sie den Verschluss ab und beförderten die Stinkbombe mit einem gezielten Wurf in die Wohnung. Littleman bestand darauf der Herr der Zange zu sein und wollte die verantwortungsvolle Aufgabe des Öffnens keinem anderen überlassen. Als sie wieder vor einem Haus standen, nahm er die Zange in die eine das Glasfläschchen in die andere Hand, brach den Verschluss ab und warf es treffsicher in die Wohnung. Da er ganz in seiner Arbeit versunken war bemerkte er nicht, dass sie von einem Passanten entdeckt wurden. Seine Mittäter hatten sich inzwischen längst aus dem Staub gemacht. Der ihm unbekannte Mann fragte forsch nach seinem Namen und Littleman musste innerlich schmunzeln, neeein, diesmal würde er nicht so dumm sein den richtigen zu nennen. „Ich heiße Huber“, gab er zur Antwort und während sich noch Freude über seine Genialität bei ihm breit machte, erfuhr er nicht ganz freiwillig den bekannten biblischen Spruch am eigenen Leib: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar“. Der Mann schrie erbost, „die eine ist für die Gemeinheit mit der Stinkbombe und die andere dafür, weil du mich für so naiv hältst. Huber, ein besserer Name ist dir nicht eingefallen, da kannst du auch gleich Meier sagen!“ Damit war Littleman entlassen, er rieb sich verärgert die schmerzenden Wangen, musste aber gleich darauf lachen als er sich vorstellte, wie skurril so eine Situation für ein Kind mit dem Familiennamen Huber oder Meier wäre und was es wohl in so einem Fall wahrheitsgemäß zur Antwort geben würde? Nach vielen Jahren las er zufällig folgende Zeilen:

In Österreich ist laut § 18 des Pyrotechnikgesetzes von 1974 die „Einfuhr, Überlassung, Besitz und Verwendung von Knallkorken und Stinkbomben“ verboten.

Ob das mit den Vorfällen zwei Jahre zuvor im Zusammenhang steht? Wer weiß.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:13

Faul hatte gerade die volle Härte des Paschas zu spüren bekommen. Ja, der hatte sogar seinen Gürtel abgemacht und versucht Faul zu züchtigen. In seinem cholerischen Anfall hatte er wie ein wilder auf ihn eingeschlagen. Es hatte geklatscht wie sonst was, Faul hatte geschrieen doch aus lauter war er Angst starr stehen geblieben. Die Gürtelschläge konnte er gar nicht mehr zählen. Irgendwann hatte dann der Patriarch von ihm abgelassen und war laut fluchend aus dem Zimmer gegangen. Faul stand immer noch da und konnte es nicht fassen. Er konnte nicht fassen, dass er nichts spürte von dem Gürtelhagel. Nicht einen Schlag. Vermutlich war er Supermann und diese Schläge prallten von ihm ab wie, wie.... Staub von einem Wurm,..... wie Pollen von einem Schmetterling,..... was für ein Quatsch, die Arschfeige vom Vortag hatte er noch schwer in Erinnerung. Vielleicht hatte er sich ja über Nacht verwandelt, ne konnte nicht sein. Beim Mittagessen hatte er sich auf die Zunge gebissen, und das tat nicht nur höllisch weh, es hatte auch tierisch geblutet.  Also musste es doch was Anderes sein. Nach betreiben von Feldforschung war ihm klar. Er war nicht Superman, aber der Pascha super doof. Als er seinen Gürtel ausgezogen hatte, war Faul erschrocken nach hinten ausgewichen, bis ihm etwas den Weg versperrt hatte. Der Bettpfosten des Stockbettes. Den hatte er zu seiner Linken, als ihm der Pasch mit der rechten Hand Manieren beibrachte. Der Pfosten hatte also alle Schläge abgefangen. Bei näherem hinsehen konnte man auch Abriebspuren finden. Gott liebte ihn. Er hatte noch kurz zuvor zu Gott gebetet. Er bat  Gott möge ihn beschützen vor dem Zorn des Paschas. Der Grund war ein sehr einfacher. Faul hatte die letzten Schreibtests in persischer Sprache total versiebt, den Flötenunterricht, geschwänzt und einem dicken Schüler im Turnunterricht den Medizinball in die Seinigen geballert. Was niemand sagte war, dass der dicke Thomas ihn in der Pause zuvor im Schulhof vermöbelt hatte. Grundlos. Das Flöten langweilig war, ihm die Töne so gar nicht lagen, und dass es sowieso total egal war ob er persisch krakeln konnte oder nicht, da er ja immer noch den Plan hegte wegzulaufen. Weit, weit weg. Nach Europa am Besten. Er wusste, er hatte eine Oma dort. Er würde sie finden. Er würde sie bitten, ihm Asyl zu gewähren. Sie hatte sicher ein großes Herz und konnte nicht “Nein“ sagen.Das Testheft, das aus früher genannten Gründen kaum mehr Seiten hatte war schon so dünn, dass es kaum auffiel, wenn man es unter den Teppich kehrte, respektive legte, zusammen mit der Einladung zum Elternsprechtag. Wer konnte ahnen, dass die Schule eine Woche nach dem Elternsprechtag bei ihm Zuhause anrufen würde. Er hatte selbst den Anruf entgegen genommen und sich als Pascha ausgegeben. Er hatte seine stimme so tief wie möglich gemacht. Dann hatte er zur Vorsicht einen abgekauten Bleistift unter die Telefongabel gelegt um eingehende Anrufe zu blocken.Es hatte auch bis zu Abend funktioniert. Als sich allerdings der Pascha am Abend Zuhause einstellte, wusste der bereits, dass man nicht anrufen konnte. Dann fand er auch noch Fauls abgekauten Schreiber und als er den Hörer auf die Gabel legte, läutete es ausgerechnet in diesem Augenblick und der Schulleiter war dran. Der wiederum erzählte dem Herrscher, die neuesten Nachrichten und dass der kleine Taugenichts es gewagt hätte sich am Telefon mit verstellter Stimme, als der Pascha auszugeben. Der Rest ist Geschichte.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:12

Währenddessen versuchte Littleman im Land der Schuhplattler einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Begonnen hatte dies schon Jahre zuvor mit seinem Faible für Automaten. In unmittelbarer Umgebung gab es alleine schon sechs verschiedene Modelle. Für Zigaretten, PEZ, Kaugummi, Damenstrumpfhosen und einen Warenautomaten der mit unterschiedlichen Lebensmitteln gefüllt war. Schräg vis à vis dem Wohnhaus befand sich im Parterre eine Drogerie, in der er schon in frühen Kindertagen mit seiner Adoptivmutter gelegentlich eingekauft wurde. Auch dort war im Eingangsbereich ein Automat angebracht, über dessen Inhalt wusste er allerdings nicht Bescheid. Vom Kindergartenalter bis in die Volksschulzeit spielte sich bei jedem Besuch der Drogerie folgender Dialog ab. „Mama, was ist in dem Automaten?“, er bekam zu Antwort, „so Sachen“. Dass diese Antwort für ihn nicht ausreichend gewesen ist, versteht sich von selber. „Was für Sachen?“, seine Hartnäckigkeit war grenzenlos. Diese hätte er besser auf seine schulische Laufbahn fokussieren sollen. „So Sachen, die man braucht“. Diese Auskunft brachte Littleman der Lösung keinen Schritt näher. Obwohl er seinerzeit schwor der Verantwortlichen für die Einführung der Schulpflicht, Kaiserin Maria Theresia, im Himmel noch eine in den Hintern zu treten, brachte ihm diese Schikane einen enormen Vorteil. Er konnte nun lesen. In einem Sichtfenster waren grünfärbige Quadrate mit einer stilisierten Weltkugel zu sehen, die mit der Aufschrift „OLLA“ teilweise überdeckt wurde. Dann war auch etwas von „Cristallin“ und trocken bzw. feucht zu lesen. Obwohl er glaubte eine absolute Autorität in Sachen Süßwarenerzeugnisse zu sein, diese Marke war ihm gänzlich unbekannt. Als er am Münzeinwurfschlitz den Betrag sah, wusste er sofort, das müssten qualitativ hochwertigste Bonbons sein, 5 Schilling sollten sie kosten. Dieser Betrag entsprach exakt der Höhe seines Taschengeldes, welches er in einem Monat erhielt. Das Risiko eine so große Summe dafür zu investieren schien ihm zu gewagt, womöglich ist dieser Apparat mit Bitterschokolade oder gar Marzipan gefüllt. Allein bei dem Gedanken schüttelte es ihn. Die Idee seine Mutter zum Kauf zu animieren schlug ebenfalls fehl, offenbar wusste sie genau, dass diese „Sache“ nichts taugte. Weiters war ihm aufgefallen, dass er zu keiner Zeit jemals ein anderes Kind oder auch Erwachsenen an diesem Gerät hantieren sah. Eigenartig, dachte er sich, doch genau diese befremdlichen Umstände waren es, die seine unbändige Neugierde beflügelten. Was befand sich in diesem Automaten, für das jemand bereit war 5 Schilling zu bezahlen? So vergingen mehrere Wochen und als Littleman eines Tages sein monatliches Salär in Empfang nahm, hielt er es nicht mehr aus. Zielstrebig machte er sich auf den Weg zur Drogerie, nun sollte das Geheimnis endgültig gelüftet werden. Er eilte vorbei an den Personen die bei der Haltestelle vor der Haustüre auf die Straßenbahn warteten. Beim Automaten angekommen kramte er das Geldstück hervor und beim Einwerfen war er erfüllt aus einer Mischung von Vorfreude und bangem Hoffen. Er hörte wie sich das Hartgeld den Weg durch den Münzschacht bahnte. Nachdem Littleman sich für das Produkt „Cristallin-trocken“ entschieden hatte, wurde aufgeregt der entsprechende Knopf gedrückt. Das automatentypisch mechanische Geräusch war kurz zu vernehmen und gleich darauf fiel eine kleine grüne Kartonschachtel in die Warenentnahmeöffnung. Littleman griff hastig danach und begann sie mit zittrigen Händen zu öffnen, er zog etwas heraus und erkannte leicht enttäuscht, zum Verzehr war dieser Gegenstand nicht geeignet. Doch was stellte es dar? Die Form war rund mit wulstartigen Rand und einer Erhebung in der Mitte. Das Einzige was im einfiel war, dies erinnere ihn an eine „Zipfelmütze“, allerdings für Zwerge. Littleman ahnte natürlich nicht im Mindesten, wie nahe er damit der Wahrheit gekommen war. Er drehte seine Errungenschaft in alle Richtungen. Dann bemerkte er, dass sich der Wulst aufdrehen ließ und die „Sache“ auch elastisch war, wie ein Luftballon. Genau ein Luftball.., doch Moment, die waren doch bunt, nicht so langweilig cremefarben weiß. Er blickte ratlos auf dieses Mysterium, dass schon ein Stück weiter abgerollt war, kratzte sich am Kinn und murmelte: „Gummihandschuh“ und nach einer kurzen Pause „mit nur einem Finger?“ Und während Littleman dieses Teil immer weiter abwickelte bemerkte er nicht die noch immer an der Haltestelle stehenden Menschen, die sein Tun fassungslos beobachteten. Schließlich war sein Kauf voll entfaltet, er zog noch einmal daran, schüttelte dann ratlos den Kopf und faselte noch etwas von Rollkragenpullover für Schlangen. Nun glaubte Littleman auch den Grund zu wissen, warum er niemanden je bei dem Automaten gesehen hatte, wer sollte sich denn so etwas kaufen?

Eines schwor er sich, in seinem ganzen Leben würde er nie mehr auch nur einen Groschen für diesen sinnlosen Gegenstand ausgeben.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:12

Klassenausflug. Fünfundvierzig Grad im Schatten und Klassenfahrt. Welcher Bus hatte schon eine Klimaanlage in den Siebzigern. Die Fahrgäste haben sich damals noch weggekifft um der Hitze zu entkommen. Die Fahrt ging etwa zweihundert Kilometer in die offene Wüste. Sie kamen zu einer aufgelassenen zweitausend Jahre alten Karawanserei. Faul betrachtete Navid, der aussah wie ein australischer Aborigine. Er hatte seine Instamatic Kamera um den Hals hängen und ein Klemmbrett mit Block und Schreiber in der Hand. Ebenso wie fast alle anderen auch. Das heißt wie jeder zweite Andere auch.  Es waren achtzehn Teams zu je zwei Schülern. Die sollten einen Dokumentarbericht über die Karawanserei schreiben. Navids Partner war Faul. Faul hatte weder etwas um darin Aufzeichnungen zu machen, noch Lust mit Navid durch die zerfallenen staubigen Hallen zu wandern. Er hätte lieber mit Bettina ein Team gebildet. Dann hätten sie können händchenhaltend und küssend die Gegend erforschen. Es hätte sich sicher ein romantisches Fleckchen gefunden. Aber Bettina wollte unbedingt mit Martina zusammenarbeiten, und Martina stand auf Faul. Und da er damals schon wusste wie man Weiberproblemen aus dem Weg geht, verkrümelte er sich unwillig mit Navid in die entfernteste Ecke der Anlage. Navid schrieb auf und machte Bilder. Die Außenmaße, die Zisternengröße, die Anzahl der Treppen bis unten zur Quelle, nach anfänglichem Weigern musste auch Faul in die Zisterne hinab steigen, Höhe, Tiefe und  Breite Alles wurde beäugt und vermessen. Natürlich auch fotografiert um der Nachwelt ein Andenken zu hinterlassen. Faul hatte noch vierzig Jahre danach Albträume von diesem beklemmenden Verließ. In einem der Räume fanden sie durch einen Zufall hinter einem Stein etwas Seltsames. Es war ein dunkelbraunes zerbrochenes Brettchen mit vielen bunten kleinen Teilchen darauf und vielen ebenso bunten feinen Kabeln. Etwas kosmisches oder so dachten sich beide, nichtsahnend, dass es sich nur um alten Elektronikschrott handelte. Da Faul der Einzige war der gezwungenermaßen einen Rucksack, passend zu seiner Lederhose mithatte, überredete Navid ihn, den Inhalt sofort aufzufressen und wegzutrinken um dann den Schatz dort zu verstauen. Dummerweise betraten zu diesem Zeitpunkt gerade Thomas und Behruz den Raum und beanspruchten den Schatz für sich, weil sie die Stärkeren waren. Nach einem kurzen Wortgefecht und ein wenig Rumgeschubse wurde den Raufbolden schmerzlich klar, dass der einzige Weg der diesen Schatz in den Bus schaffen könnte Fauls Rucksack war. Sie wollten gerade die Regeln festlegen, als Bernhard  Uwe, Kai und noch Andere den Raum betraten. Kurze Zeit später war klar, wie der Schatz hinaus transportiert werden sollte und wie die ganze Sache danach ablaufen müsse. Da Faul und Navid ihn gefunden hatten, durfte Navid ihn als erster mit nach Hause nehmen, zwei Tage später bekäme ihn dann Faul, weiter zwei Tage später Thomas dann Behruz und so weiter. Bei Nichtbeachtung hätte der Unwürdige seine eigene Hinrichtung zu verantworten. Das hieß dann also Tod. Handschläge besiegelten den Pakt. Faul und Navid wurden nicht gefragt. Bei der Heimfahrt wollte Faul Bettina am Fund teilhaben lassen. Die hielt sich nur die Nase zu und meinte zu Paul, dass dieser schmutzig sei und stinke. Paul war zu verlegen um zu fragen wen sie meinte, ihn oder den Schatz. Oder durfte er der Schatz sein?

Zwei Tage später bekam Faul den Schatz und verstaute ihn unbeobachtet im Kleiderschrank um ihn dann bei Zeit, näher zu beäugen. Wie erstaunt war er, als er am Folgenden Tag aus der Schule kam und sein Rucksack wie eine Quarantäne Fahne von der Wäscheleine hing. Er lief sofort zum Kleiderschrank aber der Schatz war weg. Das Hausmädchen hatte ihn entsorgt. Er war außer sich. Die Müllabfuhr war auch schon da gewesen.  Er brüllte und stampfte, es half nichts. Gut, dass der Pascha nicht da ist dachte er ins Geheim sonst gäbe es sicher seinen berühmten Backhandflips. Leider hatte Faul die Rechnung ohne den Koch gemacht. Oder besser gesagt ohne die Köche, die am nächsten Tag in der Schule auf ihn warteten.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:11

Ein Mensch muss im Leben für alles „gerüstet“ sein, wurde Littleman gelehrt. Daher konnte er sein Glück kaum fassen, als im Nebenhaus mit dem Einbau eines Aufzuges begonnen wurde. Dazu wurde an der Hofseite über fünf Stockwerke ein Gerüst aufgestellt dass bis zum Dach reichte und das Betreten war natürlich strengstens untersagt. Besser kann ich nicht gerüstet sein, dachte er sich überglücklich, war dies etwa das Paradies? Jeder Alpenbewohner kann jodeln und auch bergsteigen, so wird landläufig behauptet. Ersteres gehörte zwar nicht zu seinem Repertoire, aber das Klettern lag ihm im Blut. Sein Schulfreund in besagtem Haus und er konnten es kaum erwarten, das Verbot endlich zu brechen. Am Nachmittag starteten sie ihre erste Erkundungstour und erreichten das erste Hochlager im 2. Stockwerk. Am Abend zitierte der Adoptivvater seinen Sohn zu sich und verbot ihm sich dem Baugerüst auch nur zu nähern, irgendwie musste er Wind von der Sache bekommen haben. Aus und vobei, dachte Littleman, da fiel ihm erleichtert ein, dass untertags immer wieder die Möglichkeit bestand unbeobachtet etwas Höhenluft zu schnuppern. Sein Freund und er hatten inzwischen sämtliche Routen und Schwierigkeitsgrade bis ganz oben bezwungen, daher machte sich allmählich Langeweile breit. Abermals war ihm das Glück hold, denn sein Bruder hatte im Werkunterricht ein GELI-Papiermodell einer DC9 gebaut, dass im Kinderzimmer nur mehr als Staubfänger diente. Mit einer Spannweite von etwa 1 Meter war es flugtauglich, wie sie anhand mehrerer Versuche festgestellt hatten. Sie mussten nicht lange überlegen, wie der würdige Abgang für dieses Modell aussehen sollte. Zu diesem Zweck wurden zwei Piraten-Knallkörper erstanden, damals ein schwieriges Unterfangen, mit Hilfe dieser wollten sie das Ding fachgerecht sprengen; im Flug. Littleman und sein Freund kletterten mitsamt dem Papierflieger auf das Gerüst, während sein Bruder unten im Garten die Lage überprüfte. Oben angekommen mussten die beiden erkennen, dass Piraten keine Zündschnur besitzen, sondern nur über einen halbrunden Zündkopf verfügen. Vorsichtig wie sie waren, wollten sie zuerst einmal eine Testsprengung ohne Flugzeug durchführen. Im Erdgeschoß wohnte eine Oberstleutnantswitwe, deren Katzenliebe im ganzen Stadtteil bekannt war. Die etwa sieben Haustiere waren äußerst betagt und schleppten ihre alten Knochen behäbig durch den Hof nichts konnte sie aus der Ruhe bringen. Ein Irrtum wie sich herausstellen sollte. Auf dem Gerüst wurde der Pirat hastig an der Streichholzschachtel entzündet und blitzschnell nach unten geworfen, sie hatten Angst ein Sprengkörper ohne Lunte könnte womöglich sofort explodieren. Doch es dauerte ungefähr fünf Sekunden, als plötzlich durch einen ohrenbetäubenden Knall hervorgerufen ein mehrfaches Echo im gesamten Innenhof hallte. Die Katzen, die eben noch statisch im gesamten Garten verteilt standen, besannen sich ihrer Jugend und sprinteten Richtung Balkon. Dieser unfreiwillige Einsatz hauchte ihnen wahrscheinlich vier ihrer sieben Leben aus. Währendessen fuchtelte Littlemans Bruder unten wild mit den Armen, er sah das drohende Unheil in der Gestalt der Oberstleutnantswitwe Richtung Hof zusteuern. Zu spät, das Flugzeug nebst dem durch dessen Fenster eingeworfenen Knallkörper war startklar und wurde sogleich vom Gerüst in die Luft entlassen. Nach kurzem Schwebeflug vollführte es einen halben Abwärtssalto, weiter kam es nicht, denn in dem Moment wurde der Hof abermals von einem mächtigen Donnerschlag erfüllt. Durch die enorme Lärmentwicklung war nur die Hälfte der Schimpfkanonade der Katzentante hörbar, die mit hochrotem Kopf ihre Thesen über die verkommenen Kinder von heute hinausbrüllte. Oben im Gerüst beschlossen die beiden erst einmal die Gemütsberuhigung der sichtlich erregten Dame abzuwarten und später erst absteigen. Die Aktion wäre ein voller Erfolg gewesen, hätte Littleman nicht in dem Moment eine Fata Morgana beobachtet, besser gesagt „Vater Morgana“, er war ungewöhnlich früh nach Hause gekommen, hatte seinen Adoptivsohn erblickt und war „entrüstet“. Die vermeintlich optische Täuschung war leider real, genauso wie der darauffolgende dritte „Knall“ an diesem Tag und der war auch nicht von schlechten Eltern.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:10

Faul musste mit Pascha’s Frau Hand in Hand gehen. Sie waren eingeladen zu einem reichen Geschäftspartner des Großvaters, der zum Urlaub eingetroffen war, zu gehen. Schon allein der Gang dorthin war eine Katastrophe. Hand in Hand gehen. Nein, wie peinlich. Er könnte von jemandem gesehen werden. Noch schlimmer Bettina könnte ihn so sehen. Er liebte Bettina. Und um sich diese Peinlichkeit zu ersparen, versuchte er immer wieder sich aus dem Schraubzwingengriff zu lösen. Bei Opi`s Geschäftsfreund angekommen, fand er einen uralten dünnen Mann vor, der sehr freundlich schien.  Er bekam zwei große runde Kartontonnen, die stark an sechziger Jahre Waschmittelbehältnisse erinnerten. Original von “LEGO“. Faul kannte kein LEGO. Was mochte sich dahinter verstecken? Die Kartonzylinder hatten einen Deckel an jeder Seite, der mit einem Klebeband befestigt waren. Er musste da jetzt hineinschauen. Er musste das jetzt öffnen. Schließlich konnte man den blöden Deckel ja wieder raufmachen. Also machte er an beiden Trommeln einen der Deckel ab und begann den Inhalt zu studieren. Aneinander klemmbare Bauklötze. Der absolute Wahnsinn. Er würde Baumeister werden. Architekt. Städteplaner. Er nahm zwei Bauklötze und versuchte sie zusammen zu stecken. Er sah sich und Navid  im Geiste schon sitzen und bauen, planen, herrschen..... Ein stechender Schmerz holte ihn zurück aus dem Traumland. Faul hatte es geschafft sich die Haut zwischen Zeigefinger und Daumen  mit zwei Bausteinen zu verbinden. Er bekam die Bauklötze auseinander und betrachtete schreiend die schönen kantigen Muster auf oder besser gesagt in seiner Haut. Faul wurde angewiesen die Steinchen wieder zu verstauen und sich leise zu benehmen. Dann bekam er auch noch ein Mickey Maus Buch. Das gab es ja im Orient nicht zu kaufen. Was für ein Tag. Es war wie Weihnachten. Er frohlockte im Geiste. Die Kübel ausleeren stand also nicht zur Debatte.  Nun hieß es warten bis man wieder Zuhause war. Er begann sich, sehr zum Missfallen der Ziehmutter, die Lektüre  zuzuführen. Da Lesen bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu seinen Stärken zählte, kostete es viel Zeit. Er musste so etwa bei Seite Sieben gewesen sein, als man sich verabschiedete und auf den Heimweg machte.  Draußen begann das selbe Problem wieder. Gegen Händchenhalten mit Bettina hätte Faul wohl gar nichts einzuwenden gehabt. Aber mit der Ersatzmeuder? Da half auch kein Quengeln und Anziehen. Der Griff saß wie sonst was, und das obwohl sie in jeder hand einen der LEGO- Tornister hielt. Der Taugenichts indes versuchte nicht nur seine Hand zu befreien, nein, gleichzeitig versuchte er im gehen weiterzulesen. Endlich, als sie eine Kreuzung betraten um diese zu überqueren, gelang es ihm seiner Hand die Freiheit zu schenken. Die Paschafrau indes war so sehr erschrocken und zu gleich verängstigt von dieser Aktion, dass mit einem heftigen Ruck versuchte des Ausreißers habhaft zu  werden und ihm gleichzeitig eine zu scheuern. Bei dieser Aktion geschah nun etwas das Faul’s Talentfreiheit festlegen sollte.  Bei beiden Tornistern löste sich gleichzeitig der Boden und eine wahre Bausteineflut  ergoss sich über die Kreuzung. Die Ampel schaltete um, einheimische Kinder grabschten mit ihren dreckigen Pfoten so viel sie konnten von den bunten Plastikteilen, Autos begannen darüber zu rollen, knirschend tat sich Zerstörung kund, und was überlebt hatte verschwand in dem Schlund eines riesigen Gullys , der sich dort breit machte, wo der Gehsteig begann. Natürlich war es Fauls Schuld, denn keiner sonst wäre auf die Idee gekommen die Behälter an der falschen Seite zu öffnen.  Er hatte sich auf den Boden geworfen und versucht sein Hab und Gut zu beschützen, indem er seine Arme in offener Stellung auf den Boden legte und bemüht war so viele Steinchen wie möglich zu sich her zu ziehen. Es hatte etwas von Schwimmen. Trockenschwimmen ohne Beineinsatz. Es gelang ihm unter Tränen ein kümmerliches Häufchen zu retten. Zuhause wurde er dafür vom Pascha belohnt.

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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:09

„Männer“, selbst die im Volksschulalter, haben nicht nur den unbändigen Drang ihr Revier zu markieren, sondern vor allem auch dieses Territorium auszudehnen. Das nichtsnutzige Adoptivkind hatte in einem Schulkollegen einen kongenialen Partner gefunden, der im Nebenhaus wohnhaft war. Dies erwies sich als äußerst praktisch, denn die von Fenster zu Fenster geplanten Missetaten konnten unmittelbar danach in die Tat umgesetzt werden. Die alten Häuser bildeten einen großen, rechteckigen  Innenhof, in dem sich die zu den jeweiligen Häusern gehörenden Gärten befanden, Diese waren durch Zäune abgetrennt. Das Nachbargebäude gehörte der Mutter seines Schulfreundes besaß einen großzügigen Garten mit drei großen Fichten, der in der Mitte mit einem Streifen aus Blumen und Sträuchern getrennt war. Mit ihren Kinderfahrrädern pflügten sie auf einem vorgegebenen Parcours alles um, was sich ihnen in den Weg stellte, schließlich ging es um die schnellste Zeit. So fielen zahlreiche Zierpflanzen ihrem außergewöhnlichen Bewegungsdrang zum Opfer. Trotz mehrmaliger Ermahnungen waren sie nicht zu bremsen, bis schließlich der Garten durch eine künstliche Abtrennung für ihr Radcrosshobby unbrauchbar gemacht wurde. Leider wurde darauf vergessen ihnen dies mitzuteilen und sie so am eigenen Leib spürten, was unter „negativer Beschleunigung“ zu verstehen ist.

Ihrer Beschäftigung beraubt, lehnten sie gelangweilt am Gartenzaun, als ihnen die Idee für eine neue Beschäftigung kam. Sie wollten einfach in den  benachbarten Teil des Hofes einsteigen. Sie wussten, dass dies verboten war, deshalb konnten sie unmöglich widerstehen. Die Garteneroberung war erfunden. Die erste Exkursion war nicht von langer Dauer, aber ungemein spannend. Sie planten für die nächsten Tage immer weitere Ausflüge, ihr Ziel war es erst damit aufzuhören, wenn der letzte Garten erobert war. Eines Tages, sie hatten gerade den vierten  Zaun überwunden, als sich ihnen der „Feind“ in Form einer stämmigen Frau in den Weg stellte. Für ihre Körpermaße war sie unglaublich behände und signierte blitzschnell deren Gesichter mit der flachen Hand. Zuhause angekommen, schworen die Invasoren diese Schmach nicht einfach so hinzunehmen. Littleman erklärte seinem Freund, dass er das nächste Mal mit schwerem Geschütz auffahren wolle und suchte daheim sogleich nach dem geeigneten Werkzeug, seinem Taschenmesser. Als er die Klinge begutachtete musste er feststellen, dass diese so scharf war, wie eine 120 Jahre alte Stripteasetänzerin, nämlich überhaupt nicht. Daher wandte er sich an seinen ältesten Bruder mit der Bitte das Messer zu schärfen. Erstgeborenen wird nachgesagt besonders ordentlich und auch sehr penibel bei den ihnen aufgetragenen Arbeiten zu sein. Zwar dauerte das Schleifen eine geraume Zeit, dass Ergebnis aber konnte sich sehen lassen. Die Klinge glänzte nicht nur wie ein Samuraischwert, sondern war mindestens so scharf. An einem Frühlingsabend starteten sie ihren Rachefeldzug sie überwanden einen Zaun nach dem anderen und standen kurz darauf im Feindesland. Nach kurzer Besprechung vereinbarten sie dem korpulenten Feind, dass - wie sie glaubten - Schlimmste anzutun. Aushungern. Dazu machten sie sich über die Gemüsebeete her und stopften sich Kohlrabi, Karotten und zum Nachtisch sämtliche Radieschen in den Mund. Anschließend griff er in seine Hosentasche und holte das Taschenmesser hervor und klappte es auf. In der Klinge spiegelte sich der Mond und da weit und breit kein Feind in Sicht war, schlitzte er stattdessen die im Garten liegenden Torfsäcke auf. Nachdem er damit fertig war fiel ihm ein, dass Banditen in jedem Wildwestfilm immer die Leitungen an Telegrafenmasten kappten. In Ermangelung dieser technischen Einrichtung, fand er in den gespannten Wäscheleinen adäquaten Ersatz. Er begann bei der vordersten und marschierte mit dem Messer in der ausgestreckten Hand bis zur letzten. Die Schnüre boten keinen Widerstand und hingen nach einem kurzen „Zoing“ einfach schlaff zu Boden. Sie blickten kurz auf ihr Werk und traten mit Genugtuung den Heimweg an.

Zur damaligen Zeit verübte die R.A.F. die ersten Terroranschläge, daher war klar in welchem Umfeld die Täter zu suchen waren. In den nächsten Tagen kursierte in der Nachbarschaft das wilde Gerücht, linksradikale Studenten hätten mutwillig einen gepflegten Garten verwüstet. Nie sollte jemand erfahren, dass der Übeltäter in Wahrheit ein „linkischer“ Schüler gewesen ist.

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