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15. Februar 2011 2 15 /02 /Februar /2011 11:00

Im Land des Almrauschs, damit sind Alpenrosen und nicht ein hochalpines Besäufnis gemeint, plagten den Nichtsnutz andere Sorgen. Dabei fing alles ganz harmlos an. Der Hausälteste pflegte eine Leidenschaft, für die keine Kosten und Mühen zu groß waren, die Liebe zu Klebstoffen. Er vermittelte einem durch seinen Fanatismus das Gefühl, alles auf der Welt könnte geklebt werden. So traf bei ihm das Sprichwort „Scherben bringen Glück“ wahrhaft zu, allerdings nur bei den Scherben, die er verursacht hatte. Dann kam die Revolution in Form des 2-Komponentenklebers auf den Markt. Es dauerte auch nicht lange, da lagen in einer eigenen Schublade, besser im Tabernakel, wie ein kleiner Schatz zwei Tuben UHU-plus und harrten ihrer Verwendung. Es dauerte nicht sehr lange, denn Kinder tun zwar nicht was man ihnen sagt, aber alles was verboten ist. Der Adoptivsohn lernte schnell, dass sich eine Blumenvase und ein Fußball wie Hund und Katze vertragen, es flogen die Fetzen. Im ersten Moment dachte er sofort das Land zu verlassen, doch dann fiel ihm die neueste Errungenschaft der Klebstoffindustrie ein. Heimlich schlich er zur Schublade, öffnete den Karton und sah sich zwei verschiedenfärbigen Tuben, die mit A bzw. B gekennzeichnet waren, gegenüber. Sein Melonengehirn war vollkommen überfordert. Ist A geeigneter als B? Oder heißt B einfach nur besser? Er war ratlos, bis er zufällig unterhalb des B’s das Wort „Härter“ las. Er war erleichtert, ganz klar härter ist gut, schließlich sollte die Vase wieder in ihren stabilen Urzustand versetzt werden. Er fügte die Teile zusammen, stellte die Vase an ihren angestammten Platz und verließ den Raum. Als er kurz darauf zurück kam, sah er mit Schrecken, wie gerade der letzte Teil ganz langsam am Torso der Vase herunter zu den restlichen Bruchstücken glitt. Seine Fassungslosigkeit schlug sogleich in Angst um und die ist selten ein guter Ratgeber. Er resümierte; erstens „B“ war die falsche Tube und zweitens stellt das auf der zweiten doch kein „A“ dar, sondern ein durchgestrichenes V, vielleicht das Symbol für „zerbrochene Vase“. Er blickte kurz auf die Uhr, erschrak und versuchte mit Hilfe von Papiertaschentüchern Klebstoff B von den Bruchkanten zu entfernen. Es schien ein Kleber für Papier zu sein, denn unzählige Teile des Taschentuchs klebten nun fest an den Rändern, den Händen und bald sah er aus wie geteert und gefedert. Er blickte abermals zur Uhr und begann zu zittern. Jetzt nur schnell den Klebstoff „durchgestrichenes V“ auftragen und die Vase zusammensetzen, fertig. Diesmal zerfiel sie wesentlich schneller, er war so verzweifelt, dass er nicht einmal wahrgenommen hatte, dass der Eigentümer des Scherbenhaufens bereits vor ihm stand. Alle Indizien sprachen gegen ihn. Tierloser Haushalt, Brüder alle auswärts, Mutter ebenfalls, letztes Erdbeben vor fünf Jahren und eine zerstörte Vase. Damit war es für den Adoptivvater ein Leichtes den Täter auszuforschen. Und wie zur Ironie „klebte“ er seinem Sohn gleich eine. Der saß mit hängendem Kopf da und stützte ihn auf seine von Klebstoffen überzogene Hand mit dem Ergebnis, dass er sich kurz darauf mit seinem Vater in der Notaufnahme des Krankenhauses wieder fand. Er hatte ohne zu wollen das Funktionsprinzip von Zweikomponentenklebern entdeckt und wirkte in seiner unfreiwilligen Sitzhaltung wie die Skulptur von Auguste Rodin „Der Denker“. Dass bei ihm tatsächlich kein Verstand vorhanden war zeigte sich anschließend zuhause. Er bohrte aus Zorn je ein Loch in beide Tuben, was sein Vater erst etliche Tage später während eines Reparatureinsatzes bemerkte. Um es gleich vorweg zu nehmen, die Geschichte endete nicht gut für den Sprössling.

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